Die einzelnen jeweils mit einem Brunnen versehenen Tierhöfe waren durch hohe Mauern voneinander getrennt und zum Mittelpavillon mit einem eisernen Gitter abgeschlossen, das zwischen Pfeilern, bekrönt von Vasen und Tiergruppen, eingespannt ist. Von dieser Seite einsehbar, erfolgt die rückwärtige Begrenzung jedes einzelnen Hofes durch eine „Loge“, einem Häuschen, das den Tieren zur Nächtigung dienen sollte.
In einem tiefer angelegten Sektor gegen Westen befindet sich ein zweistöckiges Gebäude als Wohnung für den Tierwächter und an diesen Bereich anschließend ein Teich und Unterkunftsgebäude für die Haltung von Wasservögeln.
Zentrum Mittelpavillon
Der zentrale eingeschossige Mittelpavillon, in dem das Kaiserpaar gelegentlich das Frühstück einnahm, bildet den optischen Akzent der großen Diagonalachse, die vom Zentrum des Schlosses ausgeht und dieses mit dem Pavillon verbindet. Der Pavillon erhebt sich auf einem achteckigen Podest und ist über vier Aufgänge zugänglich. Die flachen Risalite an den vier Seiten des Baukörpers weisen Rundbogentüren mit einem figurenbesetzten Giebel auf, dazwischen liegen segmentbogige Fensteröffnungen. Das Glockendach ist von einer umlaufenden Balustrade bekrönt. Der ursprünglich grün ausgemalte Innenraum wurde kurz nach 1765 im Auftrag Maria Theresias mit einer reichen Rocaille-Holzvertäfelung, mit Spiegeln und mit Gemälden seltener Tiere und Vogelarten als Memorialraum für den verstorbenen Kaiser ausgestattet. Die Gemälde stammen nachweislich von Johann Michael Purgau und zeigen zwölf Porträts von überaus seltenen Tiere, die den neueren Forschungen zufolge zu dieser Zeit jedoch noch nicht alle in der kaiserlichen Menagerie vorhanden waren, aber zu begehrten Sammlungsobjekten zählten. Die flache Kuppel des Innenraumes ist mit einem Deckenfresko von Josef Ignaz Mildorfer ausgestattet, das Szenen aus den Metamorphosen des Ovids zeigt. Neben einem bacchantischen Fest mit dem Liebespaar Bacchus und Ariadne im Mittelpunkt des Geschehens sind verschiedene Episoden dargestellt, in denen Menschen zu Tieren verwandelt werden.
Exotische Tiere
Den Grundstock der Schönbrunner Tiersammlung bildeten die Bestände aus dem ehemaligen Neugebäude und die der Menagerie des Belvederes, die mit Ausnahme der „reißenden“ Tiere in die neue Menagerie übersiedelt wurden. Die Zahl der exotischen Tiere vergrößerte sich in der Folge durch Ankäufe und Schenkungen. Eine bedeutende Erweiterung der zoologischen wie auch der botanischen Sammlung erfolgte durch die von Franz I. Stephan finanzierten Expeditionen nach Westindien.
Eintritt für Jedermann
Die Öffnung des Gartens für das Volk im Jahre 1779 war gleichzeitig mit einer freien Besichtigung des Tiergartens verbunden. Auch Joseph II. widmete sich dem Weiterbestehen der Menagerie und durch die in den 1780er Jahren durchgeführten Expeditionen erhielt sie neuerlichen Zuwachs. Aufgrund mangelnder Kenntnisse über artgerechte Haltung und Pflege der Tiere mussten allerdings immer wieder Einbußen hingenommen werden.
Die erste lebende Giraffe
Im Lauf des 19. Jahrhunderts kamen neue Tiere hinzu, bestehende Gehege wurden umgebaut und neue errichtet. Zu den Attraktionen zählten Elefanten, Kamele, Känguru und andere Exoten. Besonderes Aufsehen erregte die erste lebende Giraffe, die als Geschenk des ägyptischen Vizekönigs im Jahre 1828 nach Schönbrunn kam. Die begeisterten Wiener kamen in Scharen in den Tiergarten „um endlich die so hoch gespannte Neugierde durch Anschauung dieses so seltsamen Geschöpfes zu befriedigen.“ Die Ankunft der Giraffe beeinflusste Mode und Gesellschaftsleben - Kleider, Accessoires und Coiffuren „à la Giraffe“ waren gefragt und bei einem „Giraffenfest“ im Penzinger Etablissement „Zur blauen Traube“ war der aus Alexandrien stammende Giraffenpfleger Ehrengast. Trotz aufmerksamster Pflege starb die Giraffe bereits nach zehn Monaten und erst 23 Jahre später konnte sich der Tiergarten neuerlich am Besitz einer Giraffe erfreuen.
Von der Menagerie zum Zoologischen Garten
Am Ende des 19. Jahrhunderts sollte sich Aussehen und Zielsetzung der Schönbrunner Menagerie ändern und aus der barocken Menagerie ein zoologischer Garten entstehen. Die Mauern zwischen den Tierhöfen wurden um 1880 abgetragen und durch Gitter ersetzt, um „die Schaustücke bequemer und besser in Augenschein zu nehmen.“ Nach 1900 wurden das Tiergartenareal auf dem Gebiet des ehemaligen Kleinen Fasangartens nach Osten bis zum Neptunbrunnen erweitert, um den Tierbestand entsprechend unterbringen zu können, der im Jahre 1914 einen nicht wieder erreichten Höchststand von 3470 Stück umfasste.
Mehr Infos zum Tiergarten Schönbrunn (Öffnungszeiten, Eintrittspreise usw.) finden SIe auf der Website des Tiergarten Schönbrunn.
Literatur
- Ash, Mitchell G. und Dittrich, Lothar (Hrsgg.). Menagerie des Kaisers – Zoo der Wiener. 250 Jahre Tiergarten Schönbrunn. Wien 2002
- Pechlaner, Helmut/Schratter, Dagmar/Heindl, Gerhard (Hrsgg.). Tire unterwegs. Historische und Aktuelles über Tiererwerb und Tiertransporte. Wien 2007
- Ash, Mitchell G. (Hrsg.). Mensch, Tier und Zoo. Der Tiergarten Schönbrunn im internationalen Vergleich vom 18. Jahrhundert bis heute. Wien-Köln-Weimar 2008